float Interview: „Bootfahren muss wieder Mainstream werden“

23. Juli 2025
Bavaria Yachts hat einen neuen Chef, der die Werft so gut kennt wie kaum ein anderer. float magazin traf Norbert Leifeld zum Gespräch
Der neue Bavaria-CEO ist in der Bootsbranche ein alter Hase. Dabei ist Norbert Leifeld mit 45 Jahren zeitlich maximal in der Mitte seiner Karriere. Sein beruflicher Weg verbindet ihn seit 2008 mit den Serienbootbauern aus Giebelstadt. Erst als externer Berater, dann als COO, also Leiter des operativen Geschäfts, kennt der studierte Ökonom alle wesentlichen Hebel, Stellschrauben und Bedürfnislagen in der Werft wie kaum ein anderer.
Zuletzt als Co-Geschäftsführer eingesetzt, übernimmt der Wahl-Münchener nun selbst das Ruder bei Bavaria – in herausfordernden Zeiten. Was ist vom einst größten deutschen Serienboothersteller unter seiner Führung zu erwarten? In einer Pressemeldung kündigt die Werft an, die aktuelle Modellpalette an Segel- und Motoryachten solle jetzt um elektrische Antriebe erweitert werden, um neue Kundenkreise zu erschließen. Wir trafen einen aufgeräumten Norbert Leifeld, der alleine auf LinkedIn rund 15.000 Follower hat, morgens um 8 Uhr zum Interview.
Wie fühlt es sich an, wenn Sie auf Ihren langjährigen Weg zurückblicken mit Bavaria – vom externen Berater über den COO und Co-Geschäftsführer bis zu Ihrer heutigen Position als CEO?
Die letzten sieben Jahre – nach dem Neustart und meiner Rückkehr – empfand ich in der Zusammenarbeit mit dem Investor CMP und dem Team als sehr wertschätzend, positiv und richtig. Hier ist noch immer diese Energie und die Überzeugung, dass Bavaria Yachts weiter gedeihen wird. Wir haben einfach ein großartiges Team und großartige Partner.
Was stimmt Sie 2025 optimistisch?
In der Bootsbranche hat vieles damit zu tun, wie sich die globale Lage politisch wie wirtschaftlich entwickelt. Jede Veränderung ist auch eine Chance, dass diese positiv wird: Stichworte Energiekosten und Bürokratieabbau. Wir können das nicht alles beeinflussen, aber unsere „Hausaufgaben“ machen, so wie wir es in den vergangenen Jahren getan haben.
Bavaria-Beiratsvorsitzender Kai Brandes sagt, keiner kenne Bavaria Yachts und die Yachtbranche aus verschiedenen Blickwinkeln so gut wie Sie. Was wissen Sie, das andere nicht wissen?
Ich glaube nicht, dass es darum geht, dass ich irgendwie mehr weiß als andere, zum Beispiel im Vertrieb, Marketing oder der Produktion. Mein Job besteht darin, dass ich Menschen finde, die in allem besser sind als ich – und ein Umfeld zu schaffen, damit diese Menschen erfolgreich zusammenarbeiten können.
… und dabei sind Sie erst 45 Jahre alt. Man kann angesichts Ihres Alters positiv sagen: Der fängt jetzt erst an.
Oder eher Halbzeit. Ich denke, das Zitat zielt eher darauf ab, dass ich in mehr als 15 Jahren ein großes Netzwerk aufgebaut habe – in der Werft, bei Händlern, Lieferanten, der Presse und dem Wettbewerb.
Was dürfen wir von Bavaria in naher Zukunft erwarten – in Sachen neuer Bootsmodelle, aber auch bei der angekündigten „optimierten Customer Journey“?
Die Bootsbranche hat global in den letzten Jahren den „Mainstream“ verloren. Unsere Kunden sind dieser Mainstream – also Menschen, die gerne Urlaub machen auf dem Wasser und dafür ein Boot kaufen oder chartern. Sie erwarten Einfachheit im Produkt und sehr gute Usability, aber auch Einfachheit bei der Finanzierung, dem Besitz und Servicing eines Boots. Das muss wieder zugänglicher sein. Hier setzen wir an zusammen mit unseren Händlern, die ich zurzeit in ganz Europa besuche, aber auch mit Webinaren, Exklusivtests mit Kunden und beim Charter-Invest. Denn eine Yacht in unserer Klasse ist nichts, das ich spontan kaufe, sondern die Erfüllung eines Traums. An neuen Bootsmodellen arbeiten unsere Produktmanager akribisch – wir haben viele Ideen in der Schublade.Mittelstand kämpft
Für die im Frühjahr vorgestellte neue Bavaria Vida haben wir viel positive Resonanz erhalten, einige Exemplare haben wir gerade nach Großbritannien verkauft – und Southampton ist eine wichtige Messe für uns. Zum Thema E-Mobilität haben wir erst kürzlich unser Konzept in Neustadt gezeigt. Unsere Segelyachten mit Hardtop stellen wir in Cannes erstmals der Messe-Öffentlichkeit vor.
Reicht die „atmende Produktion“ – also die Anpassung der Kapazität an Konjunkturschwankungen – aus, um als Serienhersteller in einem Hochlohnland dauerhaft am Bootsmarkt zu bestehen?
Als deutscher Mittelstand kämpfen wir natürlich auch sehr stark mit Energiekosten und Bürokratie. Natürlich sind Lohnkosten ein Faktor, aber der größte Hebel sind die Materialkosten, die in den letzten Jahren stark gestiegen sind. Als einzige Werft produzieren wir 100 % „Made in Germany“. Das bedeutet einen Anspruch an Qualität, Produktsicherheit und Komfort – und das wird wertgeschätzt. Auch dadurch, dass Bavaria zum Beispiel in Kroatien den größten Marktanteil bei Charterbooten hat. Und, wenn ich persönlich zurückblicke, hat sich unsere Verarbeitungs- und Designqualität enorm entwickelt. und das nicht bei hochglanzpolierten Kleinserien, sondern in der Großserie – so wie die Boote bei uns vom Band kommen.
aus: float Magazin von STEFAN GERHARD in BOOTSBAU, WIRTSCHAFT
22. Juli 2025